Puh, wo anfangen? Über drei Monate Funkstille ist lang, keine Frage. Und reisen kann man in Pandemie-Zeiten auch eher schlecht. Also, wo haben wir neue Abenteuer erlebt? Ich verrate es Euch: An der Kieler Förde im echten Norden Deutschlands.
Über Weihnachten und Neujahr sind wir mit unserem geliebten Blazer an die Kieler Förde getuckert, vollgepackt mit Werkzeug, Tapeten, Kleister und Korkboden. Denn inzwischen haben wir ein neues Zuhause an der Kieler Förde gefunden, das wir in den Weihnachtsferien renovieren wollen.
Neue Heimat an der Kieler Förde
So kommen wir endlich mal wieder aus unserer Münchner Zweizimmerwohnung raus und können Meeresluft, Ruhe und Platz an der Ostsee genießen.
Nicht nur, versteht sich. Denn hauptsächlich wird gewerkelt, Wände verputzt und tapeziert. Boden verlegt, Sockelleisten gesägt, Lampen und Steckdosen installiert und viel geputzt.
Als erneut der Lockdown verlängert wird und die Jungs nach den Weihnachtsferien nicht ihre Schule und Kindergarten besuchen können, entscheiden wir spontan länger zu bleiben. Plötzlich haben wir das große Privileg wählen zu können: Süd- oder Norddeutschland, Stadt oder Dorf, starke coronabedingte Beschränkungen oder Strandspaziergänge?
Das mag stark übertrieben klingen, hat sich aber für unsere Familie so angefühlt. Und ich bin mir durchaus bewusst was für ein Luxus das ist wählen zu können; waren wir doch im ersten Lockdown 2020 eingesperrt in unsere kleine Stadtwohnung.
Für mein Karatetraining wäre ich sofort zurück nach München, doch auch Sportangebote sind momentan nur online möglich. Und die Jungs können auch in Kiel ihre Freunde vermissen, die sie in München sowieso nicht treffen dürfen.
Ärger über Homeoffice und Homeschooling
So genießen wir auf der einen Seite unsere neue Heimat und den Platz, gleichzeitig werden die Stimmungen der Kids von Woche zu Woche extremer. Der Große ätzt über zu viele Aufgaben im Homeschooling, der Kleine kann sich nur bedingt selbst beschäftigen und motzt ständig über Langeweile. Und nebenher sollen die Eltern im Homeoffice arbeiten?
Eine Zumutung, wie viele Familien bereits vor fast einem Jahr feststellen mussten. Die Eltern müssen als Lehrer und Animateur fungieren sowie gleichzeitig für die nötige Bewegung der Kids sorgen und Freunde ersetzen. Das kann nicht gutgehen.
Trotz ständig wachsendem Unmut machen wir das Beste daraus: Raus in die Natur, viel Bewegung und gutes Essen!
Ausflüge rund um die Kieler Förde
Ausflüge sind das Salz in der Suppe. Und wann immer möglich schnappe ich die Jungs und geh mit ihnen raus. Eine große Runde joggen und sie begleiten mich mit ihren Rädern. Oder wir sammeln Kastanien in den alten Alleen zwischen den Feldern.
Zum Glück haben die Jungs ihre Mountainbikes dabei und so oft es geht fahren sie auf dem heimischen Pumptrack. Begeistert schauen sie den Jugendlichen zu, die souverän die Strecke meistern und coole Sprünge machen.
Der Wind hier oben in Meeresnähe ist herrlich. Spätestens nach fünf Minuten hat man wieder einen klaren Kopf und alles wurde einmal durchgepustet. Das Wetter ändert sich schnell und ich könnte stundenlang die Wolkenformationen am Himmel beobachten.
Eisbaden in der Ostsee
Natürlich zieht es mich oft zum geliebten Meer. Mit dem Fahrrad geht es die drei Kilometer von unserer Bleibe aus über die Felder zum Strand. In Strande gibt es eine schöne Uferpromenade, einen tollen Spielplatz und sehr leckere Fischbrötchen!
Doch ich bin zum Baden hier. Während ich im Dezember das Schwimmen bei Plusgraden noch genießen kann, sieht es im Februar schon ganz anders aus.
Das Bild nach dem Eisbaden spricht Bände. Außentemperatur -4 °C, kräftiger Wind, vereiste Steine und das Wasser hat gerade mal 0 °C. Trotz Wintersonne muss ich meine Füße gut warm rubbeln bis ich wieder normal gehen kann. Da wartet noch einiges an Übung auf mich!
Spaziergang entlang der Steilküste in Stohl
Ganz in der Nähe von Strande, in der Gemeinde Schwedeneck im Dänischen Wohld, gibt es eine tolle ursprüngliche Steilküste. Hier zwischen Stohl und Bülk führt auch ein Wanderweg an der Steilküste entlang. Es gibt streckenweise Abschnitte, da müssen Wanderer auf den Strand ausweichen, da es immer wieder zu Erdrutschen und Unfällen kommt. Also bitte Vorsicht, besonders mit kleinen Kindern!
In der Nebensaison steht ein kostenloser Parkplatz zur Verfügung, der allerdings selbst im Winter gut besucht ist. Im Sommer ist es wohl eher ein Glücksspiel hier noch einen Parkplatz zu ergattern.
Außer einem Strandspaziergang und Muscheln suchen, kann man hier prima Drachen steigen lassen. Die Jungs testen ihren neuen Lenkdrachen bei kräftigem Wind und es geht so gut, dass wir sie festhalten müssen. Ebenso finden Gleitschirmflieger an diesem Küstenabschnitt optimale Bedingungen vor.
Als der Sturm dann tolle Wellen auftürmt und die Sonne plötzlich hervorbricht, bereue ich es sogleich einmal meine Badesachen Zuhause gelassen zu haben!
Brandungsangeln an der Kieler Förde
Vom Urgroßvater haben die Jungs eine Angel und Zubehör geerbt. Und nachdem ausgiebig Angler-Zeitschriften und Bücher studiert wurden, war klar, dass wir unser Glück einmal versuchen müssen. Doch was im See zu Erfolg führt, gilt nicht unbedingt für das Meer. Eine große Herausforderung ist bereits das Auswerfen. Welches Steinchen ist geeignet den Haken ausreichend zu beschweren? Oder doch lieber ein Bleigewicht nehmen?
So wird ausprobiert, geübt und getestet, doch ohne einen Fisch zu ergattern.
Dass dieser dann doch recht häufig auf unserem Speiseplan steht, ist der Meeresnähe zu verdanken. Hier an der Küste sind die Fischfilets frisch und bezahlbar.
Fazit
Der Lockdown hat noch einmal verstärkt gezeigt, dass eine Aufgabe und feste Strukturen Voraussetzungen für ein gutes Miteinander sind. Bewegung an der frischen Luft und ein guter Kakao können in so manchen Situationen helfen. Und Platz und Ruhe machen vieles erträglicher.
Man sollte sich über Kleinigkeiten freuen können und sich bestenfalls an einem gemeinsames Projekt abarbeiten.
Doch eine Familie kann keine Freunde ersetzen. Kinder (ab 2 Jahren) brauchen Gleichaltrige zum Toben, Austauschen, Spielen, Kräftemessen, Philosophieren und Glücklichsein. Eigentlich nichts Neues.
Trotzdem haben wir in dieser schwierigen Zeit hier zwei tolle Monate verbracht. Der Wind, das Meer sowie die direkte und freundliche Art der Norddeutschen haben uns Willkommen geheißen!