Unser Roadtrip durch Südschweden beginnt streng genommen mit der Fährüberfahrt von Tallinn nach Stockholm. Nach sechs Tagen Erkundungstour durch Estland wollen wir unseren Roadtrip rund um die Ostsee in Schweden fortsetzen. Dafür müssen wir ungefähr 450km quer durch die Ostsee schwimmen oder eben doch die Fähre nehmen. Obwohl ich dieses Fortbewegungsmittel verabscheue, buchen wir eine Kabine für unglaublich günstige 99 Euro. Natürlich die kleinst mögliche und ohne Fenster. Mit unserem Blazer zahlen wir schließlich 164 Euro für die 16-stündige Fährfahrt.
Fährfahrt von Tallinn nach Stockholm
Als wir am nächsten Morgen endlich durch die Schären vor Stockholm fahren, bin ich unglaublich glücklich, dass unser Roadtrip durch Südschweden bald beginnen kann. Eine Nacht lang in dieser Mini-Kabine ohne Fenster war wirklich eine Zumutung für mich. Zum Glück waren die Kids dafür entspannt und haben prima geschlafen.
Unser Roadtrip durch Südschweden beginnt in Stockholm
Erlöst cruisen wir durch die Stadt und entscheiden uns für einen Campingplatz in Bromma, westlich der Innenstadt. Als ich den Preis für eine Übernachtung erfahre, staune ich nicht schlecht: Umgerechnet 25 Euro sollen wir zu viert für unser Zelt und Auto zahlen. Nicht mehr. Kein Vergleich zu unserem teuren airbnb-Aufenthalt im Mai 2018. Und sogar noch direkt am See und mit guter U-Bahn-Anbindung in die Stadt – was will man mehr! Das ist eben der Vorteil, wenn man mit Auto und eigenem Zelt anreist.
Unser Zeltplatz liegt ganz in der Nähe der eindrucksvollen Königlichen Residenz Drottningholm. Das vom Renaissancestil inspirierte Schloss und seine geometrisch angelegten Gärten sind äußerst sehenswert. Baubeginn war wie im berühmten Schloss von Versailles das Jahr 1662. Obwohl das Königspaar im Schloss wohnt, ist ein Teil für die Öffentlichkeit zugänglich.
Skansen enttäuscht diesmal, doch auf die Tiere ist Verlass
Da die Kindern im Mai 2018 vom Skansen so begeistert waren, müssen wir ihnen versichern auch diesmal das erste Freilichtmuseum der Welt aufzusuchen. Die Mischung aus traditionellen Gebäuden, Handwerk sowie Vergnügungspark und Zoo eignet sich perfekt für einen entspannten Familienausflug mit kleinen Kindern.
An diesem Donnerstag Nachmittag ist es bewölkt, keine lange Schlange an der Kasse und wir wollen auf Grund unseres straffen Programms keinen Ganztagesausflug daraus machen. Alles scheint zu passen, erst rückblickend entpuppt sich die Idee als nicht so schlau.
Im ersten Gebäude wird die Ostsee und ihre Bewohner näher erklärt. Hier findet man Aquarien mit Meeresbewohnern und große Infotafeln. Anhand der großen Landkarte auf dem Boden veranschauliche ich beiden Kids unseren Roadtrip rund um die Ostsee.
Leider ist es nicht nur angenehm wenig besucht, sondern es sind auch viele Attraktionen bereits geschlossen. Die Enttäuschung ist riesig, als wir feststellen müssen, dass Pony Reiten nur am Wochenende angeboten wird. Auch die Fahrt mit den kleinen Autos findet wohl nicht an Werktagen statt. Wütend stapfen die Kids zum Karussell; als letzte Hoffnung sozusagen. Doch das hat inzwischen auch geschlossen.
So bleiben uns noch die Tiere. Und die enttäuschen uns zum Glück nicht. Die Luchse haben Nachwuchs und die Kids können sich gar nicht an den drei Monate alten Kleinen satt sehen.
Auch Elch und Bär überzeugen mit ihrer Performance und so widmen wir uns die meiste Zeit den Tieren. Der Braunbär nimmt ein ausgiebiges Bad und der Elch schaut frech zum Fenster hinaus.
Mein absolutes Highlight: Fotografiska
Am nächsten Tag geht es zum Shoppen in mein Lieblingsviertel Södermalm. Dort ist auch das ausgezeichnete Fotomuseum Fotografiska zu finden. Diesmal will ich mir die Gelegenheit nicht nehmen lassen und es bei meinem dritten Aufenthalt in Stockholm endlich besuchen.
Die wechselnden Ausstellungen sind toll zusammengestellt und werden eindrucksvoll präsentiert. Kinder müssen keinen Eintritt bezahlen. Dennoch sollte man sich unbedingt vorher über die Ausstellungen informieren, da nicht alle Fotos für Kinderaugen bestimmt sind.
In unserem Fall wird eine große Ausstellung im Erdgeschoss des bekannten Dokumentarfotografen und Fotojournalisten James Nachtwey gezeigt. Über fast vier Jahrzehnte hinweg hat er Konflikte und Katastrophen weltweit dokumentiert. Seine schmerzlichen und zugleich schönen Bilder sind Zeugnisse unserer grausamen Welt und bleiben im Kopf.
Umsichtig werden wir bereits an der Kasse darauf hingewiesen und auch ein Schild warnt vor dem Inhalt der Ausstellung.
Besser für Kinder geeignet ist die tolle Ausstellung von Scarlett Hooft Graafland, die ihre Bilder an sehr entlegenen Ecken dieser Welt gemacht hat und eindrucksvoll mit Farbkontrasten spielt. Zu vielen der Bilder stellen die Jungs detaillierte Fragen und interessierten sich sehr für die Aufnahmen.
Die großen Portrait- oder Ganzkörperaufnahmen von Vincent Peters sind für die beiden eher langweilig, obwohl sie natürlich ästhetisch sehr ansprechend sind.
Auf den Spuren von Pippi Langstrumpf im Junibacken
Nach dem enttäuschten Skansen-Besuch werden die Kids am nächsten Tag noch in den Themenpark Junibacken eingeladen. Hier kann man sich wie die kleinen Helden aus Astrid Lindgrens Kinderbüchern fühlen. Denn liebevoll nachgebaute Verkaufsläden, Werkstätten, Flugzeuge und Moppeds laden zum Spielen, Verkleiden und Ausprobieren ein. Eindrucksvoll ist auch der Geschichtenzug, der durch verschiedene Handlungsorte der Kinderbuchautorin Lindgren fährt oder fliegt. Man sitzt entspannt in den Sitzen, lauscht den Erzählungen und genießt die spannende Fahrt.
Unser Roadtrip durch Südschweden führt uns nach Västervik
Nach zwei Nächten in Stockholm müssen wir die schöne Stadt an der Ostsee leider wieder verlassen. Es gibt noch so viel mehr zu entdecken, doch ich freue mich wie immer nach ein paar Tagen Rast auf das Auto Fahren. Endlich können wir die Landschaft an uns vorbei ziehen sehen und fliegen nicht einfach nur darüber wie letztes Jahr.
Unser Roadtrip führt uns über Västervik und Vimmerby weiter nach Växjö. Soweit der Plan. Als wir das Küstenstädtchen Västervik an der Ostküste Schwedens endlich erreichen, weiß ich selbst nicht mehr genau warum ich hier hin wollte. Der Ort ist zwar hübsch mit seinen Kopfsteinpflasterstraßen und dem Sandstrand. Trotzdem wirkt er durch die vielen großen Läden verschiedener Modeketten nicht wirklich einladend. Und leider sind die Fußgängerzonen vollgestopft mit Leuten. Nach ewigem Anstehen bei einem der zahlreichen Eisverkäufer, essen wir schließlich in Ufernähe ein Eis und begeben uns dann auf Street Art Suche. Denn spannenderweise ist zur Zeit ein Street Art Festival und man kann verschiedene kleinere und größere Kunstwerke auf Straßen, Häuserwänden, Litfasssäulen oder Stromkästen bestaunen.
Dann geht es weiter Richtung Växjö. Zufällig fahren wir duch Vimmerby, dem Geburtsort von Astrid Lindgren. Den Freizeitpark zum Thema Pippi Langstrumpf ignorieren wir gekonnt. Schnell finden wir einen tollen Zeltplatz etwas außerhalb von Växjö. Hier übernachten wir noch einmal im Zelt, schön idyllisch am See und zwischen kleinen Schwedenhäusern.
Durch Malmö Richtung Dänemark
Gegen 10 Uhr ist unser Blazer am nächsten Tag wieder voll beladen und wir alle startklar. Die letzte Etappe durch Schweden legen wir bei schönstem Sonnenschein zurück.
Nach ungefähr 2,5 Stunden cruisen wir langsam durch das quirlige Malmö und bestaunen einmalige Gebäude. Schwedens drittgrößte Stadt beeindruckt mit interessanter Architektur und multikultureller Lebensart. Ein neu entdecktes Urlaubsziel, das auch auf meine imaginäre Bucketlist kommt.
Fazit
Ein Roadtrip durch Südschweden bietet abwechslungsreiche Wald- und Seenlandschaften, tolle Küstenabschnitte und viele Inseln. Dennoch hat mich dieser Landstrich nicht vollends in seinen Bann gezogen. Im Vergleich zur Weite und Wildnis in Kanada kommt mir hier alles etwas gemäßigt und langweilig vor. Klar ist Schweden kleiner als Kanada und die meisten Menschen konzentrieren sich im Sommer nun mal auf Südschweden.
Dafür bin ich nach wie vor ein großer Fan der schwedischen Hauptstadt. Das Lebensgefühl dort gefällt mir sehr. Neu entdeckt habe ich nun Malmö, das als neues Urlaubsziel gesetzt ist.