Eisbären an der Hudson Bay in Churchill

Kälte, Eis, Schnee, Tiere in freier Wildbahn und atemberaubende Landschaften am Meer faszinieren mich einfach. Und so haben mich zwei Filme auf dem wunderbaren DOK.fest in München besonders begeistert: Losing Alaska und Where man returns. Beide Filme kannst Du übrigens heute und morgen noch auf dem DOK.fest anschauen.
Sie haben mich an unser Reiseabenteuer an die Hudson Bay in Kanada erinnert, wo wir Eisbären, Schneehasen und Polarfüchse bestaunen konnten. Und sehr besondere, herzliche Menschen kennenlernen durften.

Unseren letzten Roadtrip in Kanada unternehmen wir also 2017 von Ende September bis Mitte Oktober. Und anlässlich unseres fünften Hochzeitstages gönnen wir uns eine ganz besondere Reise an die Hudson Bay nach Churchill, Manitoba. Einmal Eisbären in freier Wildbahn sehen – das ist schon lange ein Traum von mir. Und so hoffe ich darauf, dass wir bereits Anfang Oktober Glück haben. Denn normalerweise hat man im November die größten Chancen, doch dann werden wir bereits wieder in Deutschland sein…

Roadtrip von Toronto nach Winnipeg

Geplant habe ich den Roadtrip von Toronto nach Winnipeg in fünf Tagen, denn ich möchte mir Zeit nehmen für Pausen an schönen Plätzen. Also sind wir insgesamt zehn Tage unterwegs, da wir 4.500 Kilometer quer durch Ontario und Manitoba zurücklegen. Durch zum Teil sehr einsame Landstriche und besondere Städtchen wie Thunder Bay am Lake Superior. Nach einigen Überlegungen fahren wir ohne Zelt los, da es bereits sehr kalt ist.

Unterwegs rasten wir immer wieder an eindrucksvollen Plätzen wie bei diesem Wasserfall in der Nähe von Thunder Bay. Die Kakabeka Falls sind 40 Meter hoch und zählen damit zu den höchsten Wasserfällen im Norden der Provinz Ontario. Der Name, der “Donnerndes Wasser” bedeutet, könnte treffender nicht sein und auch die Kinder sind sehr beeindruckt.

Wir übernachten in zum Teil furchtbar miserablen Motels in Sudbury, Wawa, Thunder Bay und Dryden bevor wir schließlich das tolle Winnipeg erreichen. Kurz vor Winnipeg rennt ein Wolf anmutig über die Schnellstraße und ich bin sofort von Winnipeg verzaubert. Am nächsten Tag erkunden wir die Hauptstadt Manitobas, die zugleich die siebtgrößte kanadische Stadt ist. Wie genießen das multikulturelle Treiben, tolle Museen und die entspannten Menschen.

Dann ist es endlich soweit. Früh am nächsten Morgen geht unser Flug mit CalmAir nach Churchill, in die Eisbärenhauptstadt an der Hudson Bay.

Willkommen in der Eisbärenhauptstadt Churchill

Als ich die Reise im Sommer plante, wollte ich nicht nur zwei Nächte in Churchill verbringen. Eben nicht ausschließlich zur Eisbären-Tour fliegen und dann wieder zurück, wie es die meisten Touristen machen. Ich wollte Zeit haben, dieses kleine Dorf kennen zu lernen, den Menschen dort ein wenig näher kommen und mich auf den Ort einlassen. Rückblickend war diese Entscheidung eine Woche dort zu verbringen, die einzig richtige. Auf diese Art und Weise können sich Beziehungen entwickeln und Verabredungen für den nächsten Tag getroffen werden.

So entdecken wir im Dorf zufällig eine Koppel mit zwei Islandpferden und die Kinder haben nur ein Ziel: Reiten. Wir fragen ein bisschen herum und erfahren, dass die Besitzerin den Baumarkt in Churchill leitet. Wir sprechen sie an, verabreden uns für den nächsten Tag um sieben Uhr in der Früh. Die Kinder dürfen die beiden Pferde schließlich füttern, streicheln und sogar reiten. Sie sind total im Glück. Irgendwann muss die Besitzerin den Baumarkt aufschließen und verabschiedet sich von uns. Aber erst nachdem sie uns noch ihr Quad ausleiht, damit wir mit den Kids ein wenig durch die Gegend düsen können. Wir sollen halt das Tor wieder ordentlich schließen, wenn wir gehen. Wow, mit so viel Vertrauen, Offenheit und Herzlichkeit haben wir nicht gerechnet!

Klimatische Bedingungen

Dass es kalt werden würde, wussten wir. Dass dieser eisige Wind, der über die endlose Ebene fegt, aber so furchtbar ist, konnte ich mir nicht im entferntesten vorstellen. Obwohl die Temperaturen maximal um den Gefrierpunkt liegen, oft auch leichte Plusgrade sind, fühlt es sich 20 Grad Celsius kälter an. In Churchill selber liegt um diese Jahreszeit noch kein Schnee, nur große Pfützen bilden sich auf dem Permafrostboden.

Das Mikroklima rund um den riesigen Wapusk-Nationalpark wird durch das eisige Wasser des Atlantiks bestimmt und gleicht dem der Arktis. Obwohl wir uns noch weit südlich vom nördlichen Polarkreis befinden. Hier dominiert eine sumpfige Tundralandschaft und borealer Nadelwald. Diese Region gilt als größtes zusammenhängendes Moorgebiet Nordamerikas und zählt im Winter zu den kältesten Regionen Kanadas.

Tagesausflug zum Churchill Northern Studies Centre

Eigentlich sollte man die Gegend nicht auf eigene Faust erkunden. Doch nach vier Tagen im Ort ohne Fahrzeug komme ich mir ein wenig eingesperrt vor. Und so bin ich sogar bereit 200 CAD für einen Mietwagen zu bezahlen, um die wenigen Straßen abfahren zu können die es hier gibt. Wir erwischen den einzigen sonnigen Tag der Woche und können unser Glück kaum fassen.

Unterwegs bestaunen wir ein Flugzeug- und Schiffswrack, sehen wilde Huskys, fahren an einer historischen Raketen-Abschussrampe vorbei und besuchen schließlich das Churchill Northern Studies Centre. Wir machen eine Führung mit und schauen den Menschen bei ihrer spannenden Arbeit in den Labors zu. Hier wird zu unterschiedlichen Themen des Nordens geforscht. Weiter geht unsere Tour bis an das Ende der Straße zu den Twin Lakes, bevor wir wieder nach Curchill zurück fahren.

Wie fast jeden Tag essen wir in der Bäckerei eine warme Mahlzeit, da die Restaurants immer noch nicht beliefert werden. Seit fünf Monaten gibt es keine Zugverbindung mehr zwischen Winnipeg, beziehungsweise Thompson, nach Churchill. So ist man momentan auf das teure Flugzeug angewiesen, dass sich nicht jeder leisten kann. Und wenn die Restaurants geschlossen bleiben, werden auch keine Touristen kommen, befürchtet die Frau mit den Islandpferden. Ein letztes Mal wird Ende Oktober ein Schiff aus Montréal kommen, das ungefähr drei Wochen unterwegs ist. Sie muss sich also sehr genau überlegen, welche Produkte sie noch für den Baumarkt bestellt, damit alle heil durch den Winter kommen.

Tundra-Buggy-Tour oder wo sind die Eisbären?

Genau an unserem fünften Hochzeitstag machen wir endlich die Tundra-Buggy-Tour durch den riesigen Wapusk-Nationalpark. In diesem Gebiet befinden sich die meisten Geburtshöhlen von Eisbären und dementsprechend oft werden hier die gefährlichen Tiere gesichtet. Mit dem monströsen Gefährt geht es über Stock und Stein, durch große Pfützen und kleine Seen. Und schließlich haben wir wirklich unsagbares Glück und finden einen Eisbären. Aber auch Schneegänse, Polarfüchse und Schneehasen entdecken wir nach längerem Suchen.

Aber das absolute Highlight für die Kinder kommt zum Schluss: Sie dürfen (mit meiner Hilfe) selbst Tundra-Buggy fahren. Das ist die Krönung des Urlaubs nach Motorboot fahren in Winnipeg und Quad fahren in Churchill. Unser Tundra-Buggy-Fahrer bringt ihnen sogar noch extra eine Urkunde spät abends ins Hotel.

Rückweg nach Hause

Am nächsten Tag startet unsere Propellermaschine sehr früh und bringt uns erst einmal weiter nördlich nach Rankin Inlet in der Provinz Nunavut. In der zweitgrößten Gemeinde von Nunavut haben wir zwei Stunden Aufenthalt bevor wir unser Flugzeug nach Winnipeg besteigen können. Fasziniert betrachten unsere Söhne die Inuitkinder und auch anders herum ist reges Interesse spürbar.

Wieder in Winnipeg gelandet, finden wir unseren Cadillac glücklicherweise unversehrt vor und düsen gleich weiter Richtung Osten. Nach jeweils einer Nacht in Kenora und Thunder Bay steuern wir wie bereits auf dem Hinweg die Rock Island Lodge in der Nähe von Wawa an. Ein wirklich ganz besonderer Ort. Und das Wetter spielt mit, sodass wir Mitte Oktober noch in meinen Lieblingssee, den kalten Lake Superior, springen.

Unser geliebter Cadillac hat uns wieder einmal gut heim gebracht. Wir haben den letzten Roadtrip mit ihm sehr genossen. Doch zurück in Toronto heißt es jetzt inserieren und so gut wie möglich verkaufen.

Fazit

Die Tundra-Buggy-Tour durch den Wapusk-Nationalpark war etwas ganz besonderes, keine Frage. Diese beeindruckende Landschaft und besonders die Eisbären hätten wir ohne diese geführte Tour nicht sehen können. Doch ob dieses Erlebnis den horrenden Preis rechtfertigt wage ich zu bezweifeln. Außerdem ist es ein zumindest komisches Gefühl in diesem riesigen Gefährt durch das bedeutendste Eisbären-Geburtshöhlengebiet zu kriechen. (Von fahren kann man bei dieser Geschwindigkeit wirklich nicht sprechen.)

Das beste an unserer Reise war, dass wir eine Woche in dem Dorf an der Hudson Bay waren. Gerne wäre ich noch länger geblieben. Diese besondere Stimmung, die tollen Menschen und die atemberaubende Landschaft, aber auch eine gewisse Tristesse haben mich in ihren Bann gezogen.

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